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Donaulimes - UNESCO Weltkulturerbe und römisches Erbe

Der Donaulimes führt auf 2.000 Kilometern Länge durch acht Länder: von Eining in Bayern bis zum Mündungsgebiet der Donau am Schwarzen Meer. Er ist Teil des 6.000 Kilometer langen UNESCO-Projekts „Grenzen des Römischen Reiches“.

Karte UNESCO Weltkulturerbe Donaulimes
UNESCO Weltkulturerbe Donaulimes
Quelle: Frontiers of the Roman Empire Culture 2000 project (2005-2008) (cc)

Die Grenzanlagen des römischen Imperiums (lat. limes bzw. ripa) zählen zu Europas größten Bodendenkmälern. Sie prägen noch immer viele Kulturlandschaften und bilden die Keimzelle zahlreicher europäischer Städte. Nach dem Hadrians- und dem Antoniuswall in Großbritannien sowie dem „Obergermanisch-Raetischen Limes“ in Deutschland bildet der Donaulimes, also die Befestigungsanlagen entlang der Donau in Bayern, Österreich und der Slowakei, den dritten Teilabschnitt des UNESCO-Großprojekts „Frontiers of the Roman Empire“ (Grenzen des Römischen Reichs).

Das Römische Imperium (Imperium Romanum)

Das Römische Imperium war eines der größten Reiche der Weltgeschichte. Seine maximale Ausdehnung erreichte es unter Kaiser Marcus Ulpius Traianus (53|98-117) zu Beginn des 2. Jahrhunderts nach Christus. Es umfasste auf einer Fläche von über 6,2 Millionen km² ausgedehnte Gebiete in Europa, im Nahen Osten und in Nordafrika. Die Außengrenzen des Imperiums sorgten für Stabilität im Reich und bildeten gleichzeitig Kontaktzonen zu den unterschiedlichen Kulturen.

Die Grenzen

Das Römische Reich umschloß das Mare Nostrum (unser Meer) genannte Mittelmeer, und jenseits dieses Meeres lagen seine Grenzen: vom Atlantischen Ozean durch Europa bis zum Schwarzen Meer, durch die Wüsten und Oasen des Nahen Ostens bis zum Roten Meer, und von dort quer durch Nordafrika, entlang der Wüste Sahara bis zur Atlantikküste von Marokko. In Großbritannien war der Hadrianswall die nördliche Grenze, für kurze Zeit der Antoninuswall. Durch den Großteil von Europa verlief die Grenze entlang ursprünglich entlang des Rheins und der Donau.

Karte Römisches Imperium im 2. Jahrhundert
Größte Ausdehnung des Römischen Imperiums im 2. Jahrhundert
Quelle: Frontiers of the Roman Empire Culture 2000 project (2005-2008) (cc)

Tausende militärische Gebäude und Anlagen wurden entlang der Reichsgrenzen errichtet. Sie sind Zeugnisse der zweifachen Demonstration von Macht und Einfluß des Römischen Reiches, sowohl in architektonischer als auch in imaginativer Hinsicht. Größere und kleinere Militärlager und Wachtürme überwachten das Grenzgebiet. Flussläufe, Holzpalisaden, Stein- oder Erdwälle bildeten durchgehende Hindernisse. Ursprünglich gab es im Lateinischen zwei unterschiedliche Begriffe für die Land- und Flußgrenze: limes und ripa.
Limes bezeichnete als Begriff aus der Fachsprache römischer Landvermesser nur einen Weg, der die Grenze zwischen zwei Grundstücken bildete. Ab dem 1. Jahrhundert n.Chr. änderte sich die Bedeutung zur Bezeichnung für eine militärisch kontrollierte Landgrenze. Eine Grenzmarkierung durch eine künstlich errichtete Sperranlage (Palisaden, Mauern, Erdwälle oder Gräben), verbunden mit einem System grenzbegleitender Militärstraßen. Zum Kontroll- und Verteidigungssystem des Limes gehört auch ein Signalsystem aus auf Sicht- und Hörweite errichteten Türmen sowie ein Netz aus größeren und kleineren Kastellen an der Grenze und im Hinterland.
Ripa, ursprünglich Ufer, bezeichnete den Ersatz der künstlichen Grenzmarkierungen durch einen Fluß und wurde in gleicher Bedeutung wie limes verwendet. In Dokumenten aus der Zeit von Lucius Aelius Aurelius Commodus (161|180-192) heißt es, der Kaiser ließ die Grenze (ripam Danuvii) durch Türme und Kastelle sichern, um den Flußübergang zu kontrollieren. Donaulimes ist so wie etwa Rheinlimes oder Euphratlimes zwar eine unkorrekte Bezeichnung, hat sich allerdings etabliert und wird allgemein verwendet.
Begleitet wurde der Donaulimes von der im frühen 3. Jahrhundert am Südufer ausgebauten Straße iuxta amnem Danuvium (an der Donau entlang). Sie verband alle Uferkastelle, aber zugleich auch die Provinzen Raetien, Noricum und Pannonien.

Kaiser und Militär

Das Heer bildete das Fundament der Herrschaft der römischen Kaiser. Die einheitlich gedrillte und bewaffnete Berufsarmee umfasste im 1. bis 3. Jahrhundert n.Chr. etwa 400-500.000 Mann - gegliedert in Legionen, Hilfstruppen, Flottensoldaten und Gardesoldaten. Diese, angesichts der Ausdehnung des römischen Imperiums eher geringe Truppenstärke, genügte dennoch für die Sicherung des Reiches:

  • durch gute Ausbildung und Führung,
  • überlegene Bewaffnung und Ausrüstung,
  • infrastrukturelle Einrichtungen wie Lager und Kastelle,
  • Straßen zur ausreichenden Versorgung und raschen Verschiebung der Truppen.

Als Stellvertreter Jupiters und Patron der Soldaten war der Kaiser der wichtigste Faktor im römischen Herrschaftssystem. Er war die zentrale militärische Instanz des Staates. Mit dem Heer stand dem Kaiser auch ein Machtinstrument zur Verfügung, zum Schutz gegen äußere Bedrohungen wie zu seinem eigenen Schutz gegen innere Feinde. In den Provinzen, in denen Legionen stationiert waren, ernannte der Kaiser die Statthalter und Truppenkommandeure direkt als seine Stellvertreter.

Museum Carnuntinum, Victoria Statuette
Statuette der Siegesgöttin Victoria (Museum Carnuntinum)
Niederösterreich, Bad Deutsch-Altenburg, August 2020Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Der kaiserliche Herrschaftsanspruch wurde durch bronzene Ehrenstatuen versinnbildlicht. Aufgestellt für die Person des Kaisers und seiner Familie zeigten sie seine ständige Gegenwart am Rande des Imperiums. Die Siegesgöttin Victoria symbolisierte die Unbesiegbarkeit Roms. Sie wa eine ständige Begleiterin des Kaisers und Garantin für den Sieg in Kriegen und Auseinandersetzungen und damit gleichsam eine Manifestation der Pax Romana, des römischen Friedens.
Von diesen oft vergoldeten Bronzestatuen sind heute meist nur noch kleine Fragmente erhalten. Denn sie wurden aufgrund ihres materiellen Wertes oft bereits in der Römerzeit umgeschmolzen.
Durch das Militär verbreiteten sich aber auch die zivilisatorischen und kulturellen Errungenschaften der Römer: Recht und Schrifttum, Thermen und Amphitheater. Und es hatte auch zusätzliche Funktionen als Polizei, Wirtschaftspolizei, Zoll- und Steuerbehörden. Römische Soldaten waren als Straßenbauer, Architekten, Bauunternehmen, Produzenten von Baumaterial oder als Holzfäller im Rahmen ihres Dienstes tätig. Denn das Militär baute seine Infrastruktur selbst. Wichtig war diese Förderung der Infrastruktur vor allem in den Grenzprovinzen, da sie auch dem zivilen Sektor zugute kam.

Der Adler Roms

Museum Carnuntinum, der Adler Roms
Der Adler Roms (Museum Carnuntinum)
Niederösterreich, Bad Deutsch-Altenburg, August 2020Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Der Adler Roms steht allgmein für das römische Militär und symbolisiert den Machtanspruch Roms. Als Symbol des obersten Reichsgottes Jupiter ist er zugleich das Zeichen der Legion und nimmt sakral und politisch eine besondere Stellung ein: als höchstes Feldzeichen steht er für die Einheit von Soldaten, Kaiser und Staat. Verließ die Legion das Lager, wurde er vom Adlerträger auf einer langen Stange mitgeführt.
Die Legion bestand aus 10 Kohorten (ca. je 500 Mann), die in sechs Centurien zu je 80 Mann unterteilt waren. Somit umfasste eine Legion zwischen 4.800 und 5.500 Mann Kampftruppen, dazu kamen noch 1.400 Mann Verwaltungspersonal in unterschiedlichen Bereichen (Handwerker, Ärzte, Legionsreiter usw.). Der Kommandeur einer Legion (legatur Augusti pro praetore legionis) war, wenn es in der Provinz nur eine Legion gab, gleichzeitig Statthalter und wurde direkt vom Kaiser ernannt. Somit oblag ihm neben der militärischen auch die zivile Leitung der Provinz.
Der ranghöchste Offizier nach dem Legionskommandeur war der senatorische Militärtribun (tribunus militum laticlavius). Durch Geburt oder durch die Gunst des Kaisers war er Anwärter auf die mit der Quaestur verbundene Senatorenwürde. Daneben gab es fünf ritterliche Militärtribunen (tribuni militum). Die Militärtribunen waren meist nur befristet bei der Truppe und können nicht als Berufssoldaten bezeichnet werden.
Die Centurionen, die Befehlshaber einer Centurie, waren das militärische Rückgrat der Legion. Im Kriegsfall waren sie dafür verantwortlich, militärische Operationen erfolgreich durchzuführen. Meist hatten sie sich von unten hochgedient und ihren Rang nach dreizehn bis zwanzig Dienstjahren erreicht. Ranghöchster Centurio war der der ersten Kohorte.
Die Legionen bestanden aus römischen Bürgern. Die Dienstzeit der Legionssoldaten betrug mindestens 20 Jahre, zu denen noch 5 Jahre Bereitschaftsdienst kamen. Die Soldaten erhielten einen regelmäßigen Sold - der ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor am Legionsstandort war - und bei einem ehrenhaften Ausscheiden Gratifikationen. Daneben gab es die aus der Provinzbevölkerung rekrutierten Hilfstruppen (auxilia), die die gesamte Reiterei und zusätzliche Infantrietruppen stellten. Die Kommandeure der Reiter- und der Infantrieeinheiten stammten aus dem Ritterstand. Die Soldaten der Hilfstruppen erlangten nach 25 Dienstjahren und ehrenvollem Ausscheiden das römische Bürgerrecht.

Der Donaulimes in Österreich

Die Donau als Grenzfluss hatte den Vorteil, eine klare Linie zwischen den Römern und den angrenzenden Germanenstämmen zu bilden. Der österreichische Abschnitt des Donaulimes verläuft ungefähr 357,5 km entlang der Donau von der deutschen Grenze bei Passau durch Oberösterreich, Niederösterreich und Wien bis knapp östlich von Hainburg/Wolfsthal - das nördliche Grenzgebiet der römischen Provinzen Noricum und Pannonia. Er besteht aus einer Kette von Befestigungsanlagen, die sich am Südufer der Donau aufreihen:

  • 4 Legionslager (Enns, Albing, Wien, Carnuntum)
  • 16 Kastelle (Oberranna, Schlögen, Eferding, Linz, Wallsee, Pöchlarn, Mautern, Traismauer, Zwentendorf, Tulln, Zeiselmauer, Klosterneuburg, Schwechat, Fischamend, Carnuntum, Höflein)
  • mindestens 20 Wachtürme und Kleinkastelle (Burgi)
  • kurzfristig genutzte römische Befestigungsbauten jenseits der römischen Grenze im Barbaricum (Plank am Kamp, Fels am Wagram, Poysdorf, Bernhardsthal, Niederleis, Kollnbrunn, Stillfried, Engelhartstetten, Stopfenreuth)

Sie sind durch die Limesstraße verbunden und nutzen den Fluss als zusätzliches Hindernis und als Kommunikations-, Nachschub- und Handelsroute. Außerdem entstanden neben den Lagern oder im Hinterland zivile Siedlungen, wie etwa Wels, St. Pölten, Mautern, Traismauer, Tulln oder Zeiselmauer.

Karte Donaulimes in Österreich
Donaulimes in Österreich
Quelle: Frontiers of the Roman Empire Culture 2000 project (2005-2008) (cc)

Die römische Besetzung erfolgte unter Kaiser Divi Filius Augustus (63|27 v.Chr. - 14 n.Chr.) zwischen 15 v.Chr. und 9 n.Chr. durch seine Adoptivsöhne Tiberius und Drusus. Primärer Zweck war die Sicherung der Wege über die Alpen nach Gallien und die erfolgreiche Kontrolle von zwei der wichtigsten, transnationalen Kommunikationswege des Römischen Reiches in Europa: der in West-Ost-Richtung verlaufenden Limesstraße und der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bernsteinstraße, die die Donau etwa bei der Römerstadt Carnuntum überschritt.

Hainburg, Donaubrücke
heute überquert eine Brücke die Donau nahe Carnuntum
Bad Deutsch-Altenburg, Juli 2022
Foto © bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Das Heer und das Grenzsystem in Österreich spielten eine entscheidende Rolle und waren auch Teil von mehreren Großereignissen, die die Politik und die Geschichte der nördlichen römischen Provinzen bestimmt haben:

  • die Markomannenkriege zwischen 170-183 n.Chr.
  • die Wahl des Septimius Severus (145|193-211) zum römischen Kaiser
  • die Vier-Kaiser-Konferenz (Diokletian, Maximian, Constantius I. Chlorus, Galerius) 308 in Carnuntum
  • das Wirken des Hl. Severin in Noricum im 5. Jahrhundert n. Chr.

Ab der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde das Römische Imperium durch innere Krisen und aus dem Osten und Norden eindringende Völker erschüttert. Unter Kaiser Valentinian (364-375) kam es zu einem letzten Ausbau der Grenzfestungen am österreichischen Donaulimes. Im Zuge der Heeresreform wurde die Sollstärke der Truppen reduziert, die Mannschaften auf eine vermehrte Zahl von Kleinkastellen und in eine mobile Feldarmee aufgeteilt. Das frei gewordene Lagerareal diente nunmehr der Zivilbevölkerung als geschützter Siedlungsraum. Nach der Teilung des Imperiums unter Kaiser Theodosius (379-395) übernahmen die als Föderaten angesiedelten Germanen den Grenzschutz.
Mit dem Zerfall des Römischen Imperiums im 5. Jahrhundert wurden die Provinzen Pannonien (433 an die Hunnen unter Attila abgetreten) und Noricum (488) von den Römern aufgegeben. Im Jahr 487/88 kam es zur endgültigen Aufgabe des Limes und dem Abzug der römische Armee sowie des Großteils der romanisierten Bevölkerung von der Limeszone nach Italien.
Nach der Aufgabe der Grenzfestungen blieben die Lager bis ins Frühmittelalter unbewohnt. Erst nach Eingliederung des Donauraums um 800 in das Reich Karl des Großen (768-814) wurden zahlreiche Lagerruinen wieder besiedelt. In der hochmittelalterlichen Siedlungsentwicklung des 10. Jahrhunderts dienten die Festungen als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial oder wurden in die mittelalterlichen Stadtbefestigungen einbezogen, wie etwa in Mautern oder Traismauer.
Die wissenschaftliche Erforschung des römischen Limes in Österreich begann im 19. Jahrhundert durch verschiedene Gesellschaften. Ab den 1970er-Jahren fanden nur noch Rettungsgrabungen statt. Sie wurden durch die großflächige Überbauung der Limesbauten durch anwachsende moderne Siedlungen und Gewerbegebiete erforderlich.
Der Donaulimes als bedeutender Teil des römischen Limes, der befestigten Grenze des Römischen Imperiums, zählt zu den größten archäologischen Denkmälern und ist ein bedeutender Teil des gemeinsamen Kulturerbes der Mittelmeerländer.

Literatur/Quellen

Buchtipps zum Thema Donaulimes

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