Argentinien
- Tamara Bunke in Cuba, 1964
Foto Wikipedia
Tamara Bunke wurde 1937 als Tochter kommunistischer Eltern in Buenos Aires (Argentinien) geboren. 1935 mußten Erich und Nadja Bunke Hitlerdeutschland aus politischen und rassischen Gründen verlassen und gingen mit dem in diesem Jahr geborenen Sohn Olaf nach Argentinien. Ein Antrag auf Aufnahme in die UdSSR war von der KPdSU abgelehnt worden - was ihnen angesichts der stalinistischen Säuberungen vermutlich das Leben rettete. Trotz des Militärputsches von 1930 war Argentinien ein wichtiges Fluchtziel vor dem Nationalsozialismus, bis 1945 landeten hier rund 40.000 Deutsche und Österreicher.
Die Bunkes ließen sich in einem deutsch-jüdischen Viertel im stark sozial und national segregrierten Buenos Aires nieder. Vater Erich fand bald eine Anstellung als Sportlehrer und trat der Kommunistischen Partei Argentiniens bei. Er und Nadja hatten möglicherweise auch Kontakte zum sowjetischen Geheimdienst und seinem Agenten Josef Romualdowitsch Grigulewitsch alias „Artur”, der einer der Hauptdrahtzieher bei der Ermordung von Leo Trotzki in Mexiko war (LeseTipp). Ihre Wohnung soll konspirativen Treffen gedient haben.
Tamara wurde also schon früh kommunistisch sozialisiert und lernte, mit Geheimnissen zu leben. Sie war sportlich und musikalisch, schoss gerne und gut, spielte Gitarre und Akkordeon und sang dazu, womit sie leicht Anschluß fand.
Deutsche Demokratische Republik (DDR)
Trotzdem wehrte sie sich wütend gegen die Pläne ihrer Eltern, die 1952 nach Deutschland, und das war natürlich die Deutsche Demokratische Republik, zurückkehren wollten. Die 14-jährige fühlte sich mehr als Argentinierin denn als Deutsche, auch weil sie Deutsch nur schlecht und mit starkem Akzent sprach.
Der Empfang der Familie Bunke in der DDR war eher frostig. Das „sozialistische Lager” befand sich im Kampf gegen „kosmopolitische” und „zionistische” Agenten des Weltimperialismus. In Schau- und Geheimprozessen wurden Kader bürgerlicher und kommunistischer Parteien ebenso wie prominente Künstler, Schriftsteller, Militärs und Fachleute zum Tode oder zu Lagerhaft verurteilt - wie es schon im Spanischen Bürgerkrieg den Kampf gegen Franco scheitern ließ. Nichts fürchtet ein geschlossenes System mehr als das, wenn auch nur scheinbare, Abweichlertum. Nur der Tod Stalins 1953 verhinderte in der DDR und den Staaten des Ostblocks eine Wiederaufnahme des „Großen Terrors” der 1930er-Jahre.
Die Bunkes reagierten mit ideologischer Überanpassung. Sie mußt ihre Degradierung zum Status „Kandidat” der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) hinnehmen, obwohl sie Kader der KPD gewesen waren. Sie wurden überwacht und ließen sich bereitswillig in das neu gegründete Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) versetzen. Beim Volksaufstand 1953 schlugen sie sich auf die Seite des DDR-Staates und der Sowjets - der Aufstand wurde von sowjetischen Panzern niedergeschlagen.
Aber auch die als „grau” empfundene DDR konnte Tamara nicht ihre kommunistische Überzeugung austreiben. Nach einer vorbildlichen realsozialistisch-spießigen Jugend machte sie 1956 ihr Abitur und arbeitete als Dolmetscherin der FDJ für lateinamerikanische Delegationen. 1958 begann sie ein Romanistik-Studium an der Humboldt-Universität. Sie engagierte sich in allen möglichen Organisationen und Gruppen, ließ aber nie Zweifel daran aufkommen, daß sie nach Argentinien zurückkehren wollte.
„Ich wurde in der DDR zu einem marxistisch-leninistisch denkenden und handelnden Menschen erzogen. Darum war es für mich selbstverständlich, daß ich mein ganzes Leben, gleich in welchem Land und unter welchen Bedingungen, in den Reihen unserer marxistisch-leninistischen Partei kämpfen werde. Deshalb wurde ich auch Kandidat der SED und habe auch damit das Statut der SED anerkannt. Mein größter Wunsch ist es, in meine Heimat, Argentinien, zurückzukehren und dort meine ganze Kraft der Partei zur Verfügung zu stellen. Ich werde selbstverständlich nur mit Einwilligung der SED in meine Heimat zurückkehren. Ich habe mir viele Gedanken über meine Perspektive gemacht. Viele Genossen rieten mir zu studieren. Ich kam auch zur Überzeugung, daß es unbedingt notwendig ist, schon aus dem einfachen Grund, weil ich unserer Sache am besten dienen kann, wenn ich größeres Wissen besitze ...” (Tamara Bunke 1958 in einer Stellungnahme an die SED, zit. nach PANITZ)
Als 1957 die ersten Nachrichten vom Kampf der Rebellen um Fidel Castro in der Sierra Maestra eintrafen, begann sich Tamara für Cuba zu interessieren. Sie übersetzte die Hymne des 26. Juli - am 26. Juli 1953 stürmten Castro und seine Getreuen die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba, scheiterten aber - ins Deutsche. Im Dezember 1960 traf sie zum ersten Mal mit Ernesto Che Guevara zusammen. Dieser war als Direktor der Nationalbank Cubas an der Spitze einer Wirtschafts- und Handelsdelegation in die DDR gekommen, um entsprechende Wirtschaftsabkommen zu unterzeichnen. Tamara begleitete Che auf seiner Reise nach Leipzig zu einer Konferenz mit lateinamerikanischen Studenten als Dolemtscherin.
Ihr sehnlichster Wunsch, Che zu begleiten und nach Cuba zu gehen, erfüllt sich allerdings nicht. Der Antrag auf Ausreise und Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft war 1960 vom Sekretariat des ZK der SED zunächst abgelehnt, aber dann doch zugelassen worden. Im Frühjahr 1961 kommt ihr der Zufall zu Hilfe. Sie wird als Dolmetscherin für die Europatournee des kubanischen Nationalballetts eingesetzt. Einer der Tänzer setzt sich in Prag ab, und so ist ein Platz in der Maschine frei. Die technische Direktorin des Nationalballetts, Sara Pascual, erwirkt für sie eine Einladung durch das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft (ICAP). Am 12. Mai 1961 fliegt Tamara Bunke nach Kuba.
Cuba
Tamara ist von Cuba begeistert, wie sie in ihrem ersten Brief an ihre Eltern schreibt. Der revolutionäre Schwung, der damals noch nicht von der Bürokratie erstickt war, reißt sie mit. In Havanna beginnt die 23-Jährige ein Journalistikstudium und wird Mitglied im Internationalen Stundentenbund (ISB). Sie erhält ein Appartment in einem Hotel mit Küche und Klimaanlage und ein Auto.
Im Herbst 1961 beginnt sie als Übersetzerin für das Erziehungsministerium zu arbeiten. Daneben schließt sie sich der Gewerkschaft und der Kommission für Agitation und Propaganda der Nationalleitung der kubanischen Frauenföderation an. Sie spricht im Radio, schreibt für Zeitungen, wird Mitglied im Komitee zum Schutz der Revolution (CDR) für ihren Straßenblock in Miramar. Sie unterstützt die Alphabetisierungskampagne der Regierung, indem sie unentgeltlich Soldaten unterrichtet. Anfang 1962 wird sie in die Miliz aufgenommen. Am 25. Mai 1962 gestaltet sie das Fest der kubanischen Frauenförderung zum argentinischen Unabhängigkeitstag, an dem der Comandante Che Guevara teilnimmt.
Tania la Guerillera
Ab März 1963 wird Tamara Bunke aktiver Teil der internationalen Revolution. Der kubanische Geheimdienst bereitet sie auf ihre Aufgabe vor. Sie erhält ein Fitnesstraining, theoretische Schulung, Benimmunterricht als zukünftiges Mitglied der Bourgeoisie sowie eine Einführung in den Partisanenkampf. Ihr Leben als Studentin, Dolmetscherin, Milizionärin und Agitatorin der Frauenföderation lässt sie nun zunehmend hinter sich, ebenso Freunde und Familie. Aus Tamara wird Tania la Guerillera.
Sie verliebt sich in ihren Ausbildner Ulises Estrada und träumt davon, ihn nach Beendigung des Einsatzes zu heiraten und Kinder zu haben. Ihr erster Geheimdienstauftrag führt sie nach Cienfuegos: Installation einer Funkanlage, Schaffung toter Briefkästen, Kontaktaufnahme mit Subversiven, Planung eines Anschlags auf das Industriegebiet. Sie erledigt den Auftrag zwar nicht zu ihrer eigenen Zufriedenheit, aber zu der ihrer Ausbildner. Che gibt grünes Licht für ihren Einsatz.
- Cienfuegos, Hotel Jagua, März 2009
hier wohnte Tamara Bunke im Februar 1964 bei ihrem ersten Einsatz
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)
Ihr Einsatzziel, so erfuhr sie von Che, sollte Bolivien sein. Dort sollte sie das Terrain und die politische Situation erkunden, Kontakte zu den Kreisen des Militärs und der regierenden Bourgeoise knüpfen und den Einsatz der Befreiungskämpfer logistisch vorbereiten. Zudem soll sie die Lage der Bauern und Minenarbeiter als potenzielle revolutionäre Subjekte untersuchen, sich jedoch von allen Linkskräften fernhalten. Und sie durfte keinerlei Kontakt mit Havanna aufnehmen und mußte auf den Kontaktmann warten, der ihr den eigentlichen Beginn der Aktion mitteilen würde.
Dafür benötigte sie eine neue Identität. Fünf Wochen lang reiste sie unter dem Namen Haydée Bidel Gonzáles durch Westeuropa, um die neue Biografie zu verinnerlichen. Aber sie erweist sich als unpassend, zu künstlich, zu wenig authentisch. Daher erhält sie eine neue Biografie und wird eine neue Person: Laura Gutiérez Bauer, geboren in Buenos Aires, aufgewachsen teilweise in der Bundesrepublik Deutschland, auf dem Weg nach Bolivien, um dort Ethnologie zu studieren.
Wieder reist sie zwei Monate durch Europa, um die Orte ihres neuen Lebens kennenzulernen und die Biografie zu verinnerlichen. Das gelingt ihr so gut, daß sie bald selbst daran glaubt:
„Zuweilen denke ich, daß ich mir bald selbst meine Geschichte glaube, und falls jemand das Gegenteil behauptet, würde ich ihn für verrückt erklären.” (Tania, Bericht von ihrer Europareise an ihren Vorgesetzten in Cuba, zit. nach PANITZ)
Bolivien
Am 5. November 1964 verläßt Tania alias Laura Gutiérez Bauer Europa für immer. Sie fliegt über Paris nach Lima. Von dort soll sie nach La Paz weiterfliegen, wählt aber aus Sicherheitsgründen den Landweg. Sie fliegt nach Cusco, fährt mit dem Zug nach Puno und von dort über die peruanisch-bolivianische Grenze nach Copacabana und schließlich weiter nach La Paz.
- La Paz, Mai 2012
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)
Kontakte und Vorbereitungen
Bei einem Besuch des archäologischen Museums lernt sie den Maler Moisés Chile Barrientos kennen, einen Verwandten des Staatspräsidenten. Als seine ständige Begleitung besucht Tania Partys und Empfänge und kommt so in Kontakt mit der bolivianischen Oberschicht. Dank seiner Fürsprache wird sie im Ministerium für Erziehung als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Komitees zur Erforschung der Folklore zugelassen. Ein Empfehlungsschreiben des argentinischen Botschaftssekretärs Ricardo Arce öffnet ihr alle Türen. Arce nimmt sie als seine Ehefrau zu einem Fest bei Präsident René Barrientios mit. Hier lernt sie neben hochrangigen Militärs und Regierungsvertretern auch den Präsidenten selbst kennen und unterrichtet schon bald seine Kinder in Deutsch. Dadurch kommt sie mit Gonzalo López Muñoz, dem Chef des Informationsbüros im Präsidentenpalast, in Kontakt. Auch dieser engagiert sie als Deutschlehrerin seiner Kinder und bietet ihr einen Job als Journalistin bei seiner Zeitung IPE an.
Dieser Job und ihre Tätigkeit beim Komitees zur Erforschung der Folklore ermöglichen es Laura, unbehindert und unauffällig durch Bolivien zu reisen und Informationen zu sammeln. Mit Hilfe des Rechtsanwaltes Bascope Méndez und einer Bestechungssumme von 10.000 Pesos besorgt sie sich ein polizeiliches Führungszeugnis und einen bolivianischen Personalausweis. Im Sommer 1965 heiratet sie den bolivianischen Studenten Mario Martínez, wird dadurch bolivianische Staatsbürgerin und erhält auch noch einen Reisepass. Martinez selbst bekommt kurz darauf ein Stipendium für Bulgarien. Leider bleibt ungeklärt, welche Kräfte hier wirkten. Am 7. Oktober 1966 wird die Ehe geschieden.
Im November 1965 geht ihre innere Einsamkeit endlich zu Ende. Sie erhält Besuch von ihrem kubanischen Kontaktmann Mercy. Dieser überbringt ihr Briefe ihrer Eltern, teilt ihr mit, daß sie offiziell in die Kommunistische Partei Kubas aufgenommen worden sei, was Tania sehr glücklich macht. Da sie in La Paz keine geeignet Unterkunft finden, fliegen sie nach Brasilien, wo Tania in die neuesten Techniken eingewiesen wird. Die Beziehung ist allerdings nicht spannungsfrei.
Im März 1966 erhält sie in Mexiko-Stadt einen neuen gefälschten argentinischen Paß, diesmal allerdings mit ihren eigenen Fingerabdrücken. Im Mai trifft der kubanische Verbindungsmann „Papia” ein, danach „Ivan” und „Rodolfo”. Die Operation Fantasma kann beginnen.
Chez Guevara und die „Fokus-Theorie”
In Anlehnung an den Ausspruch von Fidel Castro, „die Anden zur Sierra Maestra Lateinamerikas” zu machen, sah Che Guevara in der erfolgreichen Kubanischen Revolution und vor allem im Kampf gegen die Batista-Diktatur ein Vorbild für den Befreiungskampf in Lateinamerika, eine Art Blaupause.
Fokus-Theorie
- Im Kern postuliert die Fokus-Theorie folgendes:
- Die Kräfte des Volkes können einen Krieg gegen eine reguläre Armee gewinnen.
- Nicht immer muß man warten, bis alle Bedingungen für eine Revolution gegeben sind, der aufständische Fokus kann solche Bedingungen selbst schaffen.
- Im unterentwickelten Amerika müssen Schauplatz des bewaffneten Kampfes grundsätzlich die ländlichen Gebiete sein.
Der Fokus (foco) war für Che Guevara eine kleine Gruppe bewaffneter Revolutionäre. Diese müsse günstige Gegenden auswählen, sich mit der Umgebung vertraut machen und Verbindung mit dem Volk knüpfen. Das revolutionäre Potenzial der Bauernschaft sollte durch die Aktionen der professionellen Kämpfer des Fokus entfesselt werden.
Die Kubanische Revolution
Allerdings handelt es sich bei diesen Thesen um die Theoretisierung einer Fehlinterpretation der Kubanischen Revolution: der städtische Widerstand und die Rolle der Arbeiterbewegung geraten in den toten Winkel der Betrachtung. Die von Studenten und Mitgliedern der Mittelschicht formierte Guerilla wird zur Bauernarmee stilisiert.
In der Sierra Maestra fanden die Rebellen keine etablierten, der Scholle verhafteten Bauern vor, sondern Landbesetzer, die in ständigem Konflikt mit den Landbesitzern und dem Militär lebten: eine tiefverwurzelte Tradition der Rebellion. Weiters lebten hier viele Menschen, die sich der Staatsmacht entzogen hatten und gerne den Rebellen anschlossen. Außerdem gelang es Fidel, die weltweite Aufmerksamkeit auf sich und die Bewegung zu lenken. Und er konnte die rebellierenden Studenten und städtischen Mittelschichten einbinden.
Die Operation Fantasma
Anfang November 1966 trifft endlich Che Guevara in La Paz ein. Tania, die entgegen den Weisungen Kontakt zu den eingereisten Kubanern hatte, wird auf ihre Rolle als Laura zurückverwiesen. Sie hatte Che ein Begleitschreiben der Presseabteilung des Präsidenten verschafft, wonach er eine Studienreise über die soziale und ökonomische Situation der Landbevölkerung unternähme. Allerdings nützte Che diese Gelegenheit nicht und interessierte sich auch nicht weiter für die Situation in Bolivien. Er reiste umgehend zum Basislager der Rebellen. Diese hatten, schlecht beraten vom Führer der Kommunistischen Partei Boliviens, Mario Monje, eine Farm im unwegsamen, dünn besiedelten Kordilleren-Vorland entlang des Ñacahuazú, einem Seitenfluß des Rio Grande, erworben. Es gab nur eine einzige Straßenverbindung zur Erdölstadt Camiri, 1.500 Kilometer von La Paz entfernt und 3.000 Höhenmeter tiefer gelegen. In dieser Einsamkeit mußten die Guerilleros einfach dem Nachbarn Ciro Algarañaz auffallen. Ein denkbar ungeeigneter Ort also, für den sich auch die Polizei zu interessieren begann. Und es gibt in der unwegsamen Gegend keine landlosen Bauern, deren revolutionäres Potential hätte entfesselt werden können. Später wird sich zeigen, daß es auch kaum jagdbares Wild und kein Wasser für die 49 Partisanen gibt.
- Ernesto Che Guevara in Bolivien
Quelle: Museo Che Guevara (Centro de Estudios Che Guevara en La Habana, Cuba) / Wikipesia
Tanias erster Besuch
Nach Ches Willen soll Tania weder an den Kampfhandlungen noch an der Versorgung der Truppe beteiligt sein. Sie soll als Laura weiter Informationen zu sozialen und ökonomischen Situation sammeln und diese verschlüsselt über die Radiostation in Camiri an die Rebellen durchgeben. Sie arbeitete dort gelegentlich als Moderatorin einer Ratgebersendung für Frauen.
Zu Silvester besucht sie zum ersten Mal das Lager, bringt kleine Geschenke für die Guerilleros mit. Che begrüßt sie wie eine alte Freundin. Begleitet wird sie vom Generalsekretär der PCB, Mario Monje. Monje, von Moskau unter Druck gesetzt, einen bewaffneten Kampf zu verhindern, aber auch Fidel im Wort, verlangt, daß er als Chef der Partei die politisch-militärische Führung übernimmt:
„Wenn die Menschen herausfinden, dass diese Guerilla von einem Mann aus dem Ausland angeführt wird, werden sie ihr den Rücken kehren und sich weigern, sie zu unterstützen. Ich bin sicher, dass sie scheitern wird, weil sie von einem Fremden und nicht von einem Bolivianer geführt wird. Ihr werdet heldenhaft sterben, ohne die geringste Chance eines Sieges.” (zit. nach KARL)
Monje glaubt, daß dies der entscheidende Punkt für Sieg oder Niederlage ist. Che kann und will das nicht akzeptieren, der Bruch mit der bolivianischen KP und ihrem konspirativen Apparat ist vollzogen. Dabei hatte Monje keineswegs Unrecht, denn die fremdartigen, schwarzen und weißen Partisanen waren der Bevölkerung unheimlich und konnten nicht ihr Vertrauen gewinnen. Und Ches Mythos, Ruf und Name waren in dieser Gegend vermutlich unbekannt.
Tanias zweiter Besuch
Während Che mit einer Truppe von 29 Mann zu einem Erkundungsmarsch aufbricht, erhält Tania den Auftrag, in Argentinien mit der dortigen Guerilla Kontakt aufzunehmen. Einige Wochen später kehrt sie mit dem französischen Philosophen Régis Debray, der Nachrichten von Fidel Castro bei sich hat, und dem Maler Ciro Bustos, der bereits 1963 am gescheiterten Aufstand von Jorge Masetti in Argentinien beteiligt war, ins Lager zurück. Die beiden hatten in La Paz ihren Kontaktmann verpasst, und außer Tania konnte sie angeblich niemand ins Lager bringen. Sie weigert sich, das Lager vor Ches Rückkehr zu verlassen.
Der Anfang vom Ende
Che Guevaras Erkundungsmarsch hatte statt der geplanten drei Wochen sieben Wochen gedauert und war zum Desaster geworden: Sie hatten drei Mann verloren, die vorhandenen Karten waren unbrauchbar. Meist wußten sie nicht, wo sie sich befanden, steile Seitentäler und unwegsame Abbrüche zwangen sie immer wieder zum Umkehren. Das Wetter wechselte zwischen eiskaltem Regen und brennender Sonne, Wasser und jagdbares Wild gab es kaum. Die Versorgungslage war sehr angespannt.
Oberhalb des Rio Grande trafen sie auf den Bauern Honorato Rojas, dem sie Schweine und Mais abkauften und den sie in ihre Operationen als Nahrungsmittelbasis einbinden wollten. Dieser erwies sich allerdings als unfähig und unzuverlässig - was Che von Beginn an befürchtete -, fiel im Dorf mit seinen großen Geldscheinen auf und wurde schließlich von der Polizei umgedreht.
Honorato Rojas wurde der archetypische Verräter dieses Dramas. Monate später lockte er die Nachhut von Ches Truppen in den Hinterhalt. Von Präsident Barrientos erhielt er einen Orden. Und zwei Jahre später ermordete ihn die neu auferstandene Guerillatruppe ELN.
Das Scheitern
Che ist wenig erfreut, als er Tania nach seiner Rückkehr im Lager vorfindet. Er fürchtet, daß ihre Tarnung auffliegen könnte.
Tatsächlich lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, was Tania beabsichtigte. Einerseits gab es Gründe für sie, Debray und Bustos ins Lager zu bringen und dort auf Che zu warten: sie hätte die beiden ja wieder hinausbringen sollen. Anderseits hatte sie ihren Jeep mit Dokumenten, die ihre Identität aufdeckten, einfach stehen gelassen und damit vielleicht die Aufdeckung ermöglichen und ihre Rückkehr unmöglich machen wollen. Ihr Geliebter Ulises Estrada meinte, daß sie es ermöglicht habe, sich „endlich ihren Traum einer direkten Teilnahme am bewaffneten revolutionären Kampf in Lateinamerika zu erfüllen” (zit. nach KOENEN).
FRIEDL ZAPATA behauptet in seinem sehr tendenziösen Buch, Tania habe an Gebärmutterkrebs gelitten, dies auch gewußt und daher den Tod im Kampf gesucht. Das passte ihm wohl sehr gut als Strafe für Tanias angebliches unmoralisches Verhalten: sie hätte nicht nur eine sexuelle Beziehung zu Che Guevara gehabt, sondern zu allen Männern, die sie für ihre Zwecke benutzte. Das ist äußerst unwahrscheinlich, denn in der damaligen Zeit wäre sie schnell als Flittchen abgestempelt worden und hätte ihr Netzwerk nicht aufbauen können, das sich auch sehr stark auf die Frauen der mächtigen Männer stützte.
Tanias Enttarnung
Vielleicht wäre alles anders verlaufen, wenn nicht zwei bolivianische Abtrünnige der Polizei in die Hände gefallen wären. Entgegen den Instruktionen wußten sie zu viel, konnten Polizei und Militär zur Farm und dem Lagerkomplex im Wald führen. Dabei wurde Tanias Jeep entdeckt.
Che organisierte die Verteidigung, die anrückenden Truppen gerieten in einen Hinterhalt. Die Guellieros konnten ihren ersten Sieg feiern. Allerdings wurde die Gegend schon am nächsten Tag bombardiert, und die Truppe mußte sich früher als geplant in Bewegung setzen.
Tanias Enttarnung bedeutete den Verlust jeder regulären Verbindung mit dem städtischen Netzwerk und mit Havanna:
„Alles deutet darauf hin, daß Tania aufgeflogen ist. Damit sind zwei Jahre guter und geduldiger Arbeit verloren.” (Che Guevara, Bolivianisches Tagesbuch; zit. nach KOENEN)
Die Truppe war nun auf sich allein gestellt. Es kam schon bald zu Spannungen, sowohl unter den Kubanern wie auch mit den Bolivianern. Ches autoritäre Entscheidungen und dogmatische Handlungen führten nicht zu einer Verbesserung der Truppenmoral. Vier Bolivianer hatte er überhaupt von Anfang an zu Abschaum erklärt. Sie wurden unbewaffnet in der Nachhut als Kulis mitgeführt.
Die Nationale Befreiungsarmee Boliviens (ELN)
Che beschloß, die Gruppe „Nationale Befreiungsarmee Boliviens” zu nennen. Ihr Kommuniqué Nr. 1 beschränkte sich jedoch auf deklamatorische Formeln, wonach sich „das bewaffnete Volk” zum Kampf gegen die verbrecherischen Militärs erhoben habe, die Arbeiter ermorden und die Ressourcen des Landes an die US-Imperialisten ausliefern würden. Weitere politische Positionen sollten in späteren Kommuniqués bekannt gemacht werden. Doch nur dieses erste Kommuniqué erreichte die Öffentlichkeit, die später verfassten konnten nicht mehr nach draußen gebracht werden. Auch hier ein wesentlicher Unterschied zum Kampf in der Sierra Maestra, der medientechnisch hervorragend begleitet war.
Da die Armee trotz der Schlappe nachrückte, mußten auch die Lager im Wald geräumt und die Erddepots getarnt und versiegelt werden. Anhand von Fotos und Namenslisten tauchte erstmals für die Armee der Verdacht auf, der bisher nicht identifizierte Anführer könnte Che Guevara sein. Das führte bald zur Aufstellung einer Spezialtruppe der bolivianischen Armee, die von CIA-Spezialisten ausgebildet wurde.
Die Guellieros benötigten nach dem Erkundungsmarsch noch eine Regenerationszeit und lagerten in den Wäldern der Umgebung. Immer wieder gingen ihnen Armeepatrouillen in den Hinterhalt. Kämpfe, die sie zwar siegreich beendet, sich aber letztlich als Siege ohne Wert herausstellten: die kleine Truppe hatte drei Deserteure und drei Tote zu verzeichnen. Darunter einer von Ches erfahrensten und engsten Kampfgefährten, Hauptmann Suárez Gayol alias Rubio.
Vor der geplanten Absetzung über den Rio Grande nach Norden sollten Bustos und Debray in einen südlichen Ort gebracht werden, um sich von da aus nach Argentinien durchzuschlagen. Debray sollte eine internationale Hilfskampagne für die bolivianische Guerilla organisieren. Bustos sollte die Verbindung zu den städtischen Kadern in La Paz wiederherstellen und frische Rekruten aus Argentinien herbeibringen.
Auch dieses Vorhaben scheiterte. Schon wenige Stunden nach ihrer Absetzung an der Straße vor Muyupampa wurden sie von einer Polizeistreife festgenommen, von den Militärs schwer mißhandelt und vermutlich nur deshalb nicht erschossen, weil Bilder von ihnen und ein Bericht in der Zeitung Presencia erschien. Sie bestätigten die Anwesenheit von Che, was allerdings nicht zu den von ihm erwarteten Maßnahmen führte: die Amerikaner blieben skeptisch und entsandten nur ein Dutzend Ausbildner und Spezialagenten, aber keine Truppeneinheiten. Sie wollten kein zweites Veitnam.
Tanias Ende
Obwohl Che starke Vorbehalte gegen eine Frau im Männerlager hatte, blieb ihm keine andere Wahl, als Tania mitzunehmen. Nachdem sie zunächst zum Knöpfeannähen, Kochen und Nachrichtenabhören eingeteilt worden war, überreichte ihr Che schließlich ein Gewehr - womit sie endgültig als Guerilla anerkannt wurde.
Doch der Alltag war mühsam: Täglich 40 bis 60 Kilometer Marsch, mit 15 bis 25 Kilo Gepäck auf dem Rücken durch unebenes Gelände. Tanias Füße sind bald wund gescheuert, ihr Rücken tut weh, sie verliert täglich mehr an Gewicht. Mit fast 40 Grad Fieber bleibt sie im April 1967 auf dem Marsch nach Muyupampa liegen. Umzingelt von der bolivianischen Armee, beschließt Che Guevara am 3. April 1967, die Gruppe zu teilen. Er selbst will mit dem größeren Teil der Gruppe weiter Richtung Muyupampa ziehen, Tania soll mit 17 Guerilleros unter Manuel Acuna alias Joaquin die Nachhut bilden. Sie wollen dadurch die Soldaten abschütteln und sich nach drei Tagen wieder vereinigen. Aber wie so vieles schlägt auch dieser Plan fehl: über Monate laufen sie auf der Suche nacheinander durch die Gegend, oft nur einige hundert Meter von einander entfernt, aber sie kommen nie wieder zusammen.
Hubschraubereinsätze treiben die Rebellen in die Berge. Bei Napalmangriffen kommen vier Kämpfer ums Leben. Innerhalb der Nachhut gibt es starke Spannungen. Tania hält Joaquin für entscheidungsschwach, er sie für hysterisch. Nachdem zwei der Guerilleros dem Militär in die Hände fallen, werden die geheimen Vorratslager vom Militär besetzt. Die Gruppen sind endgültig von allen Ressourcen abgeschnitten, Che hat keine Medikamente mehr für sein Asthma.
„14. August. Schwarzer Tag... Am Abend wurde in der Nachrichtensendung die Besetzung der Höhle [durch die Armee] bekannt gegeben... Jetzt bin ich dazu verurteilt, während eines unbegrenzten Zeitraums an Asthma zu leiden.” (Che Guevara, Bolivianisches Tagebuch; zit. nach KOENEN)
Die Gruppe um Tania streift orientierungslos durch die Gegend. Um nicht zu verhungern, schlachten sie schließlich ihre Pferde. Tania ist am Ende. Mehr als drei Stunden liegt sie bei den täglichen Märschen zurück. Doch auch wenn ihre Angst täglich wächst, sie beißt die Zähne zusammen, gibt nicht auf.
Am 31. August 1967 erreichen die Kämpfer den Rio Grande. Von einstmals 17 Partisanen sind noch acht am Leben. Sie treffen auf den schon bekannten Bauern Honorato Rojas. Der bietet ihnen an, sie an der Furt Vado del Yeso über den Rio Grande zu führen.
Doch dort lauert schon eine Einheit der achten Armeedivision unter dem damaligen Hauptmann und späteren General Mario Vargas Salinas. Erschöpfung und Verzweiflung beeinträchtigen wohl die Vorsicht. Die Guellieros nehmen ihre Rücksäcke und Waffen über den Kopf und waten ins Wasser. Braulio geht voraus, die anderen sollen auf sein Zeichen so schnell wie möglich folgen. Als er das andere Ufer erreicht, erhebt er sein Buschmesser zum Zeichen. In diesem Augenblick beginnen die Soldaten zu schießen. Die nicht sofort Getroffenen lassen sich den Fluß hinuntertreiben, werden aber von den Soldaten verfolgt und ebenfalls erschossen. Tania war eine der ersten, die starben. Sie wird von der Strömung flußabwärts getrieben, ihr Leichnam erst sieben Tage später geborgen.
„Als Tanja aus dem Gestrüpp heraustrat, um den Fluß zu überqueren, sahen die versteckten Soldaten zum erstenmal die junge Frau leibhaftig, deren gebieterische Stimme sie bereits kennengelernt hatten. Sie, eine blonde Frau, die aus dem Urwald auftauchte, schmal geworden durch die Entbehrungen des Kampfes, war für sie eine kaum glaubhafte, wunderschöne Erscheinung. Bekleidet war sie mit einer Tarnhose, Soldatenstiefeln und einer grün-weiß gestreiften Bluse, die stark ausgeblichen war, auf den Schultern trug sie einen Rucksack und ein Maschinengewehr. Da fielen die ersten Schüsse aus dem Hinterhalt. Tanja hob die Arme, um das Maschinengewehr abzunehmen und in Anschlag zu bringen; man weiß nicht, ob sie zum Schießen kam. Ein Schuß, vermutlich von Vargas, drang in ihre Lunge. Tanja sank ins Wasser und mit ihr der Arzt El Negro.” (der bolivianische Exminister Antonio Arguedas Mendieta; zit. nach PANITZ)
Tanias Leichnam wird in das Militärgefängnis von Vallegrande überführt und aufgebahrt. Sie erhält ein christliches Begräbnis mit militärischen Ehren, an dem auch Staatspräsident René Barrientios teilnimmt.
Zwei Wochen später erhalten die Bunkes einen anonymen Brief mit einem Zeitungsartikel mit einem Bild ihrer toten Tochter. Am 3. November 1967 erscheint im Neuen Deutschland folgende Annonce:
„Erst jetzt wurde es zur schmerzlichen Gewissheit, dass fern von uns unsere liebe tapfere Tochter, Schwester, Tante, Nichte und Schwägerin, Genossin Tamara Bunke, Guerillera «Tania» am 31. August 1967 am Rio Grande in Bolivien gefallen ist, Sie hat ihr junges Leben dem revolutionären Kampf um die Freiheit und Unabhängigkeit der Völker Lateinamerikas gewidmet und geopfert.” (Neues Deutschland, 3. November 1967)
Ches Scheitern
Etwas mehr als einen Monat nach Tanias Tod kommt auch Ches endgültiges Scheitern. Am Morgen des 8. Oktober wird er in der Schlucht von Yuro angeschossen, schwer verwundet festgenommen und nach La Higuera gebracht. Am nächsten Tag um 13:10 Uhr wird Ernesto Che Guevara auf Befehl der bolivianischen Regierung erschossen. Ob ihn die USA tatsächlich am Leben erhalten und vor ein Gericht stellen wollten, ist bis heute nicht geklärt. Sein früher Tod macht den laut Jean-Paul Sartre „vollständigsten Menschen unserer Zeit” endgültig unsterblich.
Tamara Bunke - Laura Gutiérez Bauer - Tania la Guerillera
Cordt Schnibben nannte ihre Geschichte „Drei Leben in einer Haut”. In welcher davon aber steckte die wirkliche Tamara?
Wir werden es nie erfahren. Ihre Mutter Nadja Bunke hat Tamaras Nachlaß, Leben und Biografie gründlich gesäubert und zurechtgebogen, um aus ihr eine sozialistische Heldin und unermüdliche Kämpferin für die Befreiung der Völker Lateinamerikas zu machen.
Aus dem teilweise Fehlen gesicherter Informationen sind natürlich auch die Gerüchte entstanden, nicht zuletzt von der CIA und mißliebigen Autoren in die Welt gesetzt: Tamara als Geliebte von Che Guevara, als Sexbestie von La Paz, als Dreifach-Agentin und Verräterin von Che. Bei ihrem Tod soll sie im dritten Monat schwanger gewesen sein - allerdings wurde keine Autopsie vorgenommen.
Ihrer wahren Person am Nächsten kommt vermutlich die Haut von Tania la Guerillera. In einem Heft, das sie Tagebuch nannte, notierte sie als einzigen Eintrag einen Ausspruch von Nikolai Ostrowski aus dem Roman „Als Stahl gehärtet wurde”:
„Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben Es wird ihm nur einmal gegeben und benutzen soll er es so, dass ihn zwecklos verlebte Jahre nicht bedrücken, dass ihn die Schande einer niederträchtigen und kleinlichen Vergangenheit nicht brennt und dass er sterbend sagen kann:
Mein ganzes Leben, meine ganze Kraft habe ich dem Herrlichsten in der Welt, dem Kampf um die Befreiung der Menschheit gewidmet.” (Nikolai Alexejewitsch Ostrowski (1904-1936), ukrainischer Revolutionär und sowjetischer Schriftsteller.)
Die folgenden weißen Blätter erzählen die Geschichte von Tania la Guerillera, die zu einem jener weißen Blätter werden wollte, auf die die Revolution nach einem Wort Maos die schönsten Schriftzeichen malt. Für die Revolution zu leben - und zu sterben, war ihr Schicksal. Wie immer man zu ihren Idealen stehen mag, muß man doch ihren Mut, ihren Einsatz anerkennen - auch oder gerade wegen der Zweifel, die sie in ihrem letzten, unvollendeten Brief an ihre Mutter äußerst, gefunden nach ihrem Tod in ihrem Rucksack:
„Ich weiß nicht, was aus mir werden soll. Wahrscheinlich nichts. Ich versuche mich daran zu erinnern, wie es ist, wenn man Courage hat. Ich bin ein Nichts. Ich bin nicht einmal mehr eine Frau, kein Mädchen, nur noch ein Kind.”
Was bleibt
Tamara Bunke ist heute in Deutschland außerhalb linker Kreise weitgehend unbekannt. Die politischen Ideen, für die sie eintrat, gelten durch ihre realpolitische Umsetzung als diskreditiert. In der DDR wurde sie posthum zu einer Art Nationalheiliger hochstilisiert. 242 Frauengruppen, Schulen, Jugendbrigaden und Kindergärten wurden nach ihr benannt. Heute, nach dem Untergang der DDR, tragen diese Einrichtungen andere Namen - wenn es sie überhaupt noch gibt.
- Santa Clara, März 2009
Monumento Comandante Ernesto Che Guevara (Plaza del Che)
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)
In Cuba hingegen zählt sie zu den Ikonen der Revolution. Im Dezember 1998 wurden ihre sterblichen Überreste in einem Staatsbegräbnis im Che-Guevara-Mausoleum in Santa Clara beigesetzt. Nachdem im Sommer 1997 in Bolivien die Gräber von Che Guevara und einigen seiner Mitstreiter entdeckt worden waren, hatte man im September 1998 auch die Überreste der einzigen Frau, die in der Guerilla kämpfte, gefunden und nach Cuba gebracht. Nun hat Tamara Bunke alias Tania la Guerillera an der Seite von Che und ihren Kampfgefährten hier ihre letzte Ruhe gefunden.
„Tanja, als Kind kommunistischer Eltern in Buenos Aires aufgewachsen, nie frei von der Sehnsucht nach dieser Stadt und dem Land Argentinien, durch die Schule des sozialistischen Deutschlands gegangen, Dolmetscherin, Milizionärin, Organisatorin und Journalistin im befreiten Kuba, leidenschaftliche Revolutionärin, illegale Kämpferin und tapfere Partisanin auf dem südamerikanischen Kontinent - so lebte sie und gab ihr Leben mit kaum dreißig Jahren hin...” (Eberhard PANITZ)