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Römerstadt Carnuntum - Weltstadt am Donaulimes

Vom 1. bis zum 4. Jahrhundert n.Chr. war Carnuntum eine bedeutende römische Weltstadt am Donaulimes, der Nordgrenze des Römischen Imperiums.

Legionslager - Campus - Auxiliarkastell - Statthaltergarde - Statthalterpalast - Amphitheater I - Zivilstadt

Carnuntum im 3. Jahrhundert, Rekonstruktion (Schautafel)
Carnuntum im 3. Jahrhundert, Rekonstruktion (Schautafel)
Niederösterreich, Petronell-Carnuntum, August 2020
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Durch die militärisch wichtige Lage zur Grenzsicherung und die Nähe zu großen Handelsrouten wie der Bernsteinstraße entwickelte sich Carnuntum zur Hauptstadt der Provinz Oberpannonien (Pannonia superior) mit rund 50.000 Einwohnern.

Geschichte

Carnuntum war ursprünglich der Name einer keltischen Siedlung im Hainburger Raum (Theben/Devin?), die 6 n. Chr. erstmals als Stadt im Königreich Noricum schriftlich bei Velleius Paterculus (20/19 v.Chr. - nach 30 n.Chr.) erwähnt wird. Da errichtete der römische Feldherr und spätere Kaiser Tiberius (42 v.Chr - 37 n.Chr.), Adoptivsohn von Kaiser Augustus, in der Nähe ein Winterlager während seines Feldzuges gegen die Markomannen. Zwischen 35 und 40 n.Chr. erfolgte dann die Errichtung eines Holz-Erde-Lagers.
Der Bau des ersten Lagers mit ständiger militärischer Besatzung erfolgte in der spättiberisch-claudischen Zeit um 54 n.Chr. im Bereich der heutigen Marktgemeinden Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg, heute der Archäologische Park Carnuntum. Zwischen Hainburg und Bratislava durchbricht die Donau die Kleinen Karpaten, die von Norden kommende March mündet hier in den Strom ein - ein strategisch wichtiges Nadelöhr zwischen dem Ostalpenrand und dem Karpatenbecken. Damit wurde das römische Legionslager Carnuntum - der Name aus vorrömischer Zeit weist auf das felsige Gelände hin - zu einem der wichtigsten Stützpunkte am gesamten Donaulimes. Der Zweck war einerseits die Überwachung der Bernsteinstrasse, des größten Nord-Süd verlaufenden Handels- und Verkehrsweges östlich der Alpen. Andererseits war die starke Präsenz der germanischen Stämme der Quaden und Markomannen im nördlichen Niederösterreich, im Weinviertel und im Marchfeld entscheidend. Zur gleichen Zeit erhielten Noricum und Pannonien von Kaiser Claudius (10 v.Chr.|41-54 n.Chr.) den Status einer Provinz und die damit verbundenen Verwaltungsorganisationen.

Provinz Pannonien

die beiden Pannoniae auf Sesterz des Kaisers Traianus Decius
Sesterz beider Pannonien des Kaisers Traian
Foto © Wikipedia/Hermann Junghans (CC BY-SA 3.0)

Die Provinz Pannonien wies bereits in claudisch-vespasianischer Zeit eine wesentlich höhere Dichte an Truppenlagern im Provinzinneren und an den Einmündungen der jeweiligen Donauzuflüsse auf als Noricum. Unter Kaiser Traian (53|98–117 n.Chr.) wurde die Großprovinz Pannonien geteilt:

  • Pannonia superior (Oberpannonien) im Westen mit der Hauptstadt Carnuntum,
  • Pannonia inferior (Niederpannonien) im Osten mit der Hauptstadt Aquincum.

Oberpannonien wurde von einem in Carnuntum regierenden, konsularischen Statthalter verwaltet. Bis in das frühe 2. Jahrhundert n.Chr. bildete die legio XV Apollinaris die Stammtruppe im Lager. Zusammen mit den Hilfstruppen waren hier zeitweilig bis zu 6.500 Mann stationiert.
171-173 n.Chr. leitete Kaiser Marc Aurel (121|161-180 n.Chr.) von Carnuntum aus die Feldzüge gegen die Markomannen und schrieb hier das zweite Buch seiner berühmten Selbstbetrachtungen.
Pannonia superior war die einzige Provinz, in der drei Legionen stationiert waren: die legio X Gemina in Vindobona, die legio XIIII Gemina in Carnuntum und die legio I Adiutrix in Brigetio weiter donauabwärts.

Provinzhauptstadt Carnuntum

Als 193 n.Chr. der damalige Statthalter Septimius Severus (145|193-211 n.Chr.) von seinen Truppen in Carnuntum zum Kaiser ausgerufen wurde, erhob er Carnuntum in den Rang einer Provinzhauptstadt (Colonia Septimia Aurelia Antoniniana Karnuntum). Die hier stationierte legio XIIII Gemina wurde dafür mit zahlreichen Privilegien belohnt. So durften die Soldaten bereits während ihrer Dienstzeit offiziell und legitim heiraten (und nicht erst danach), ihr Sold wurde verdoppelt und sie konnten leichter in städtische Ämter und damit in den Ritterstand aufsteigen.
Ende des 2. und zu Beginn des 3. Jahrhunderts n.Chr. erreichte Carnuntum mit rund 10 km² und über 50.000 Einwohnern seine größte Ausdehnung und war somit die zweitbedeutendste Stadt nördlich der Alpen.

Römerstadt Carnuntum, Kunstinstallation Kaiserkonferenzmonument
Kunstinstallation Kaiserkonferenz-Monument
Petronell-Carnuntum, römisches Stadtviertel, September 2022
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Im November 308 rückte Carnuntum ein letztes Mal in den Focus der Weltgeschichte. Der bereits abgetretene Kaiser Diokletian (284-305) berief in Carnuntum eine Kaiserkonferenz ein, um das System der Tetrarchie neu zu ordnen und dem Reich Stabilität zu geben.

Die römische Tetrarchie wurde 293 von Kaiser Diokletian eingeführt: Jeweils ein Augustus war von nun an für die West- bzw. Osthälfte des Reiches verantwortlich, jedem war ein Caesar und präsumptiver Nachfolger zugeordnet. Die enge Bindung zwischen beiden wurde durch die Eheschließung des Caesars mit einer der Töchter des Augustus gesichert, wofür sich der Caesar vorher eigens scheiden lassen musste. Dieses System geriet nach dem Tode Constantius’ I. 306 in eine Krise. Endgültig beendet wurde es durch den Aufstieg Kaiser Konstantins des Großen zum Alleinherrscher 324. Somit wurden in Carnuntum indirekt die Weichen für die rasche Ausbreitung des Christentums gestellt.

Ein letztes Mal wurde Carnuntum 430 n.Chr. im römischen Amtskalender erwähnt. Danach geriet es in Vergessenheit, da Vindobona (Wien) mehr an geostrategischer Bedeutung erlangte. Mitte des 5. Jahrhunderts wurde das Lager verlassen, im 9. und 10. Jahrhundert noch einmal partiell bewohnt. Danach wanderte die Siedlung auf den Kirchenberg von Bad Deutsch-Altenburg und Mitte des 11. Jahrhunderts nach Hainburg.

Anlage

In der römischen Zeit entwickelte sich ausgehend vom Legionslager im Bereich der heutigen Gemeinden Bad Deutsch-Altenburg und Petronell eine ausgedehnte Siedlung mit zwei Kernzonen:

  • Im Osten der militärische Bereich mit Legionslager, Statthalterpalast und Lagervorstadt (canabae legionis),
  • im Westen eine Zivilsiedlung mit zunächst dörflichem Charakter (vicus). Unter Kaiser Hadrian (117-138 n.Chr.) wurde der stetig wachsenden Siedlung dann das Stadtrecht (municipium aelium carnuntum) verliehen.
Carnuntum, Anlage der Stadt
Carnuntum, Anlage der Stadt
Quelle: Academic

Carnuntum - militärischer Bereich

Legionslager

Das Legionslager ist heute nur noch als Geländeformation warnehmbar. Der unregelmäßige Grundriss der ursprünglich knapp 18 Hektar großen Befestigungsanlage hebt sich als Plateau deutlich von seiner Umgebung ab.

Museum Carnuntinum, der Adler Roms
Der Adler Roms (Museum Carnuntinum)
Niederösterreich, Bad Deutsch-Altenburg, August 2020Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Nördlich der Landesstraße L2026 befanden sich die Wohnquartiere der Stabsoffiziere (Tribunen), zwei Kohorten von Legionären (aus römischen Bürgern rekrutierte Fußsoldaten) und vermutlich die Lagerthermen. Südlich der Straße befand sich das zentrale Stabsgebäude (principia), eine quergestellte Basilika und das Lagerheiligtum. Hier huldigten die Soldaten dem Kaiserhaus, symbolisiert durch den Adler Roms. Weiters gab es eine Unterkunft des Legionskommandeurs, ein Lagerlazarett (das größte Gebäude im Legionslager), mehrere Wirtschaftsbauten und die Mannschaftsunterkünfte. Umgeben war die Anlage von einer Lagermauer mit vier Lagertoren.

Lagervorstadt

Die Lagervorstadt (Canabae legionis) entwickelte sich im Westen, Osten und Süden des Legionslagers entlang der wichtigsten Ausfallstraßen. Diese Siedlungsflächen wurden in der frühen und mittleren Kaiserzeit nur unter gewissen Einschränkungen für die private Nutzung freigegeben. Sie erstreckten sich rund 2,2 Kilometer um das Legionslager und wurden von römischen Bürgern bewohnt. Diese besaßen zwar Grund und Boden, konnten ihn aber nicht als souveränes Eigentum für sich beanspruchen. Sichtbar ist dieser Bereich nur in den luftarchäologischen Untersuchungen.

Campus und Statthalterpalast

Der Campus lag an der südwestlichen Seite des Legionslagers. Das militärische Übungs- und Exerziergelände hatte eine Ausdehnung von 177 x 233 Metern und war an drei Seiten von länglichen Gebäudetrakten umgeben. An der Südseite stand eine mächtige Basilika.

Carnuntum, Statthaltervilla und Campus, Modell
Carnuntum, Statthalterpalast und Campus, Blick von Norden (Modell)
Quelle: Wikipedia/Wolfgang Sauber (CC BY-SA 3.0)

Der Statthalterpalast lag unmittelbar an der Donau, dem Campus gegenüber. Er war der Amtssitz des oberpannonischen Provinzstatthalters. Hier hatte Septimius Severus seinen Palast, als er am 9. April 193 zum Kaiser ausgerufen wurde.

Amphitheater I

Das Amphitheater I lag in einer Geländesenke nordöstlich des Legionslagers. Es ist der heute einzig sichtbare Bau der Canabae. Errichtet wurde er von der 15. Legion in den 70er-Jahren des 1. Jahrhunderts n.Chr. und bot schätzungsweise 6000-8000 Besuchern Platz. Die Arena war mit einem zentralen Wasserbecken ausgestattet. Hier fanden vor allem Gladiatorenspiele und Tierhetzen statt.

Carnuntum, Amphitheater I
Carnuntum, Amphitheater I, August 2020
Foto © bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Carnuntum - Zivilstadt

Die Zivilstadt Carnuntum war seit Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. Verwaltungszentrum der römischen Provinz (Ober-)Pannonien und liegt auf den Gemeindegebieten von Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg in Niederösterreich, westlich des Legionslagers. Unter Trajan wurde sie Provinzhauptstadt von Oberpannonien, nach der Ausrufung von Septimius Severus zum Kaiser erhielt sie den Rang einer Kolonie (colonia Septimia Aurelia Antoniniana Carnuntum). Zwischen 193 und 235 erreichte Carnuntum seine wirtschaftliche und kulturelle Hochblüte und maximale Ausdehnung. Auf einer Fläche von 10 km² lebten etwa 50.000 Personen.

Carnuntum, Zivilstadt, Modell
Carnuntum, Idealrekonstruktion der Zivilstadt um 210 n. Chr., im Zentrum die Forumstherme („Palastruine“) und das Forum, im Hintergrund oben das Amphitheater II (Modell)
Quelle: Wikipedia/Wolfgang Sauber (CC BY-SA 3.0)

Im 5. Jahrhundert wurde Carnuntum von seinen romanischen Bewohnern endgültig aufgegeben.

Etwa 0,5% der antiken Gesamtfläche der Zivilstadt wurden bisher freigelegt. Sie können im Freilichtmuseum Carnuntum - Römisches Stadtviertel besichtigt werden.

Literatur/Quellen

Buchtipps Carnuntum

Internet


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