Buchtipp : Rachel KUSHNER, Telex aus Kuba. (Rezension)

Rachel KUSHNER, Telex aus Kuba.

Cuba/Revolution/Roman/

 Rachel KUSHNER: Telex aus Kuba.
Rachel KUSHNER: Telex aus Kuba.
(Telex from Cuba., 2008)
461 S., ISBN: 978-3-498-03446-7
Reinbeck: Rowohlt, 2017
Bewertung
Bewertung: 3 Sterne

Rezension

Als Cuba noch den Amerikanern gehörte.
In den 1950er-Jahren gehörte die cubanische Provinz Oriente zwei amerikanischen Unternehmen: United Fruit und einer staatlichen Nickelmine. Dazwischen gibt es noch die ausgedehnten Zuckerrohrfelder, die Fidel Castros Vater gehören. Die Amerikaner von United Fruit leben in Preston, das etwas angesehener ist und mehr bietet als Nicaro, die Stadt der Nickelmine.
K.C. Stites, dessen Vater der lokale Chef von United Fruits ist, und Everly Lederer, deren Vater Leiter der Nickelmine ist, wachsen in dieser halbkolonialen Welt auf, ohne sie besonders zu hinterfragen. Sie sehen Armut und Elend, die Behausungen der Cubaner, die Ausbeutung der Haitianer, die zur Zuckerrohrernte von Haiti nach Cuba geschafft und anschließend wieder zurückgebracht werden. Ihre Privilegien als Amerikaner sind ihnen selbstverständlich, die Einschränkungen für Cubaner werden registriert, aber nicht weiter hinterfragt. Es gibt Kontakte zu cubanischen Jugendlichen. So wie die Erwachsenen leben sie in einer weitgehend amerikanischen Welt, die nach Cuba verlegt wurde.
Die politische Entwicklung in Cuba bleibt lange nur ein Hintergrundrauschen. Batista hat, mit amerikanischer Billigung, gegen den gewählten Präsidenten Prio geputscht. Er wird von US-Präsident Eisenhower unterstützt, und K.C. Stites Vater arrangiert Waffenlieferungen an das Regime. Unter Fidel und Raùl Castro - Che Guevara wird nicht erwähnt - bildet sich langsam eine Widerstandsbewegung heraus, die schließlich von den Bergen von Oriente aus die Macht übernehmen wird. Ein undurchsichtiger Franzose, der bei der Waffen-SS war, verkauft Waffen an das Regime und die Rebellen, bis er schließlich eher unbeabsichtigt zum Mitkämpfer der Rebellen wird Eine geheimnisvolle cubanische Tänzerin spioniert für alle und unterstützt doch Fidel.
Schließlich brennen die Zuckerrohrfelder, Batista bombardiert versehentlich Nicaro, die Rebellen übernehmen die Macht, die Amerikaner werden evakuiert. Die, wie sie glauben, kurze Unterbrechung des Gewohnten, wird dauerhaft. Sie werden niemals wieder zurückkehren.
Fazit: Rachel KUSHNER zeichnet ein detailreiches Bild dieses halbkolonialen und -feudalen Lebensstils der Amerikaner. Das Bild beschränkt sich allerdings auf Preston und Nicaro in der Provinz Oriente, schon Havanna ist eigentlich nur ein Ziel für Weihnachtsausflüge. Das politische Umfeld und die cubanische Revolution bilden nur eine Hintergrundkulisse. Der Kern des Romans, seine erzählerische Absicht, bleiben nicht fassbar. Seine Übersetzung ins Deutsche, fast zehn Jahre nach dem Erscheinen des Originals, erscheint eher dem Erfolg von Kushners zweiten Roman geschuldet.

Die Jukebox funktionierte noch und gab laute Musik von sich, ein luxuriöser Wurlitzer-Automat, auf dem ausschließlich kubanische Lieder gespeichert waren - ein Detail, das La Mazière seltsam anrührend fand. Er erkannte darin ein Fitzelchen von dem Wunsch der jetzt abwesenden Amerikaner, sich anzupassen, zu behaupten, dass die kubanische Musik ihnen genauso gehörte wie jedem anderen, weil sie sie genauso wie jeder andere liebten. Auch wenn eine Liebe, die sich auf Besitzergreifung gründete, eine Form von tiefer Ignoranz war - es berührte ihn dennoch. Die Amerikaner hatten die Vegetation, die Daiquiris, die kubanische Musik eindeutig geliebt. Er spürte es in ihrer leeren Stadt, das Gespenst ihrer naiven und imperialistischen Liebe.

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